Vom 15.-30. April 2023 veranstaltet das Scivias-Institut in Köln eine Ausstellung mit Porträts von Georg Esser, der nach dem Krieg an den Kölner Werkschulen Malerei und Grafik studiert hatte, aber seit über 60 Jahren bewusst nicht mehr selbst ausgestellt hatte, sondern sein Werk „wider den Zeitgeist“ und ohne Marktzwänge oder -interessen schuf. Georg Esser starb 2020 mit 92 Jahren Die Ausstellung machte nun erstmals Porträts und Selbstporträts der Öffentlichkeit zugänglich. Organisiert wurde sie von seinen Töchtern Dr. Annette Esser und Prof. Charlotte Esser, finanziell unterstützt von der Künstlerseelsorge im Erzbistum Köln und dem Magdalenen Verein Köln, getragen wurde sie vom Scivias-Institut.
Ort war die kleine romanische Kapelle St. Maria Magdalena und Lazarus, die ein Jahr älter als der Kölner Dom ist, und mit ihren weißgetünchten Wänden und sakralem Charakter einen atmosphärisch hervorragenden Ort für das Thema „Portraits – Blick in die Seele“ gibt. Denn Georg Esser wollte „das verborgene Leben sichtbar machen“ und das zeigt sich auch in seiner Art und Weise wie er porträtierte. Gezeigt wurden 20 Bilder, wobei von zwei Bildern – dem letzten, unvollendetem Selbstporträt und Porträt der Ehefrau – auch Vorstufen gezeigt werden konnten,
die von den Töchtern photographisch festgehalten worden waren. Sie zeigen die radikale Bereitschaft ein Bild immer wieder zu ändern bis es „mit den Empfindungen übereinstimmt“, und sind eindrucksvolle Zeugnisse der Suche des Künstlers nach dem mit ihm selbst identischen Ausdruck unter Wahrung bildnerischer Prinzipien, aber auch die Auseinandersetzung mit dem Alter. Diesen künstlerischen Prozess zeigen zu können, ist etwas sehr Besonderes.
Über 600 begeisterte und tief beeindruckte Besucherinnen und Besucher fanden an den nur drei Wochenden der Öffnung den Weg in die kleine Kapelle. Ungewöhnlich persönlich war die Begleitung: Kinder und Enkel von Georg Esser führten auf Wunsch durch die Ausstellung und erklärten die Bilder, nicht nur künstlerisch- technisch, sondern auch aus der persönlichen Kenntnis ihrer jeweiligen Historie.
Ein kleiner Star der Ausstellung war das Selbstporträt „Lumpi“ (Alugraphie, 1985), in dem Georg Esser auch dem Kater der Familie, genannt Lumpi, ein künstlerisches Denkmal gesetzt hatte. Es handelt sich um eine Alugraphie, ein Druckverfahren, das auch mehrfarbig umgesetzt werden kann.
Begleitet wurde die Ausstellung von drei gut besuchten Veranstaltungen an den Samstagen.
Am Eröffnungstag sprach Dr.Annette Esser über das Lebenswerk ihres Vaters und der Kunsthistoriker Markus Eckstein legte seine Gedanken zum Thema dessen ‚Portraits‘ dar und ordnete das Werk Georg Essers aus kunsthistorischer Sicht in die Nachkriegskunst seit 1945 ein.
Zur Halbzeit diskutierten drei Künstlerkinder unter Moderation einer Journalistin des WDR darüber, was mit dem Erbe von Künstlern wie Esser zu tun ist, ob und wie es der Nachwelt werden sollte oder kann. Die Probleme sind unterschiedlich – der Künstler ist zu unbekannt (wie bei Georg Esser), oder das Werk umfasst viele Hundert Werke und ist sehr umfangreich, oder die Werke sind einfach zu groß, um sie in einem normalen Zuhause zu lagern. Ein Bericht darüber erschien am folgenden Montag im WDR Hörfunk.
Den Abschluss, die Finissage, bildete die Vorstellung eines Filmprojekts des amerikanischen Regisseurs und Filmemachers Michael M. Conti unter dem Titel „The Making of Georg Esser“, das sich mit Leben und Werk des Künstlers beschäftigen wird. Michael M. Conti hat bereits mit dem Scivias-Institut zusammengearbeitet und mir Dr. Annette Esser einen Film über die Hl. Hildegard gedreht (https://sainthildegard.com/). Der Film über Georg Esser soll nun bis 2024 fertig werden, aber wie immer bei solchen Projekten wird viel von den finanziellen Möglichkeiten abhängen.
Die reich bebilderte und farbige Broschüre zur Ausstellung (71 Seiten) mit Texten von den beiden Organisatorinnen sowie von Michael M. Conti, und dem Kunsthistorikers Markus Eckstein ist über das Scivias-Institut zum Preis von nur 8 Euro plus Porto erhältlich. Der von Annette und Charlotte Esser 2018 herausgegebene Katalog „Georg Esser. Leben und Werk“ ist vergriffen; eine revidierte erweiterten Neuauflage ist für 2024 geplant.